Toni Halter ist Seelsorger in der Epi Klinik und in der Pfarrei Erlöser Zürich. Mich hat interessiert wie Menschen mit Beeinträchtigung in Isolation und ohne Besuch von ihren Angehörigen diese Zeit überstanden haben. Vor diesem Hintergrund erscheint mir die Arbeit von Seelsorgern, PflegerInnen, Sozialpädagogen sehr wertvoll und wichtig. Auch wenn die Krise vorüber ist, sollte man nicht vergessen welche Leistung diese Menschen täglich erbringen.
Hatten die Menschen in der EPI mehr Angst als wir, die nicht in einer solchen Institution leben und arbeiten?
Nein, die Menschen hatten nicht mehr Angst. Allerdings bereitete ihnen teilweise die Isolation, das «Gefangensein» grosse Mühe. Sie durften nirgends hin. Es war kein Besuch der Familie möglich. Viele von ihnen sind Hochrisiko Patienten. Sie waren den ganzen Tag in ihrer Wohngruppe und sie konnten da ihrer Arbeit nachgehen.
Was hat dies mit den Menschen gemacht?
Das war spannend zu beobachten. Die einen wurden eher aggressiv, aber andere waren mit der Situation gar nicht unglücklich. Im Gegenteil, sie fanden es ganz schön. «Ist doch ganz nett hier in meiner Wohngruppe».» Fast schade, kehrt nun der normale Alltag zurück.» hiess es von einer Bewohnerin. Der Besuch der Familie hat aber am meisten gefehlt und auch der Gottesdienst am Sonntag wurde schmerzlich vermisst. «Wieso dürfen wir nun nicht zum Gottesdienst?» kam als Frage. Dies zu beantworten war schwierig.
Was war der beste Weg die Menschen als Seelsorger in der EPI zu begleiten?
Zeit mit ihnen zu verbringen war ganz wichtig. Ein Teil meiner Arbeit ist ja durch das Verbot der Gottesdienste weggefallen.
So war ich mehr in den Wohngruppen unterwegs und konnte da Menschen, die während dieser Zeit in ein Loch gefallen sind, unterstützen. Die Mitarbeiter waren dafür sehr dankbar. So konnten wir auch sie in dieser Zeit ein wenig entlasten.
Was waren die grössten Herausforderungen in dieser Zeit?
Wenn beispielsweise schwierige Entscheidungen anstanden, was die Behandlung von Patienten in der Klinik Lengg betrifft, mussten wir Wege finden, dass dies mit einer Vertrauensperson auch persönlich besprochen werden durfte. Es konnte aber immer eine Lösung gefunden werden.
Habt Ihr als Seelsorgerinnen und Seelsorger immer gearbeitet?
Ja, wir waren immer in der EPI anwesend. Der persönliche Kontakt zu den Menschen ist sehr wichtig. In unserem Fall ist dies über die sozialen Medien nicht möglich.
Wir sind ein gutes Team und die Zusammenarbeit hat gut funktioniert. Die Schwierigkeit bestand eher darin, dass wir nicht zu dritt im Büro sein durften und darum mussten wir uns immer absprechen, wer wann da ist.
Was nimmst Du aus dieser Zeit mit? Was hast du daraus gelernt?
Es hat mir wieder einmal mehr gezeigt, dass der persönliche Kontakt entscheidend ist. Ich darf mich einfach auf das einlassen was ist. Ich kann selten die Situation direkt beeinflussen, sondern ich muss auf die jeweilige Situation reagieren. Es gibt in meiner Tätigkeit immer Überraschungen. Aber das macht meine Arbeit auch sehr spannend. Für mich persönlich war es lehrreich, mal einen Gang runterzuschalten.
Die Intensität der Begegnungen war stärker. Dies wünsche ich mir auch für die Zukunft. Natürlich weiss ich, dass ich in einer privilegierten Lage bin, arbeiten konnte und keine Lohneinbusse hatte, ganz im Gegensatz zu vielen andern Menschen.
Die Gottesdienste hingegen sind vorläufig noch nicht öffentlich, sondern einzig für die Bewohnenden bestimmt.