Aus kirchlicher Sicht: ganz sicher! Besonders Papst Johannes Paul II. hat die Heiligsprechung als wirksames Mittel wiederbelebt, um die katholische Kirche global zu stärken und zu verankern.
Historisch betrachtet kam es immer in Zeiten politischer Unsicherheiten und Veränderungen zu einem Anstieg von Heiligsprechungen – ein Trend, den auch Papst Franziskus fortsetzt.
Sie sind keine Heiligen im formellen Sinne, aber dennoch von großer Bedeutung
Übertragen wir das auf die weltliche Ebene, so begegnen uns im Alltag keine Heiligen im kirchlichen Sinne. Schließlich müssten sie schon mindestens fünf Jahre tot sein, und die meisten können keine nachweisbaren Wunder vorweisen. Doch in gewisser Weise stehen diese Menschen wie Leuchttürme in unserer Gesellschaft. Sie sind keine Heiligen im formellen Sinne, aber dennoch von großer Bedeutung.
In unserer Pfarrei haben wir uns gefragt, ob wir eine persönliche „Top-Drei-Liste“ unserer ganz eigenen Heiligen zusammenstellen könnten. Wir haben dazu verschiedene Meinungen eingeholt.
Sie sind im tiefsten Inneren einfach gute Menschen
«In meinem Freundes- und Familienkreis gibt es einige „heilige“ Personen. Menschen, die in bestimmten Lebensphasen alles tun, was in ihrer Macht steht, um anderen zu helfen. Aber das allein macht sie in meinen Augen nicht heilig. Die Tatsache, dass sie absolut menschlich sind – dass sie Ecken und Kanten haben, manchmal die Geduld verlieren und auch mal ausrasten – aber dennoch immer wieder aufstehen und sich zusammenreißen, das ist heilig. Sie sind im tiefsten Inneren einfach gute Menschen und sind weiterhin für andere da. Das sind für mich heilige Menschen: Menschen, die über ihre Grenzen hinausblicken, ihre Kräfte über das Notwendige hinaus ausschöpfen und dabei nichts von ihrer Echtheit verlieren und nichts im Gegenzug verlangen.»
Melina Termini
Es wäre übertrieben zu behaupten, mir wären schon viele „Heilige“ begegnet
«Es wäre übertrieben zu behaupten, mir wären schon viele „Heilige“ begegnet, doch in meinem Freundeskreis kenne ich Menschen, die durch ihre Hilfsbereitschaft und Güte hervorstechen und mir oft ein Vorbild sind. Spontan würde ich Hans Litten, den mutigen Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivisten während des Dritten Reiches, auf meine persönliche „Heiligen-Liste“ setzen. Sein Mut und seine Unerschütterlichkeit waren einzigartig.»
Ursina Bon
«Padre Pio begleitet mich und beeindruckt mich zutiefst durch sein tiefes Mitgefühl, seine unerschütterliche Hingabe und seine Fähigkeit, durch persönliches Leiden eine enge Verbindung zu Jesus zu finden und anderen Trost zu spenden.»
Andrea Vörös
Ein beständier Optimismus und eine innere und äussere Ruhe
«Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich in meinem Freundeskreis ein paar heilige haben. Was alle gemeinsam haben ist ein beständiger Optimismus und eine innere und äussere Ruhe. Sie sind oft die aufopferungsvollsten Menschen und gleichzeitig die dankbarsten.
Ich weiss, es klingt sehr klischeehaft, aber meine Mutter ist ebenfalls eine Heilige für mich.
Sie hatte eine schwierige Kindheit und tat darum alles, um mir und meinem Bruder die Kindheit zu geben, die sie nie hatte.
Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich, welche Opfer sie dafür brachte.»
Jenni Müller
Irgendwo existiert meine heilige Person
«Die Person, die ich als heilig betrachte, geht liebevoll mit sich selbst und anderen um. Sie verurteilt nicht, sondern versteht und tröstet diejenigen, die Fehler begangen haben. Sie hat begriffen, dass sie die Welt mit anderen Menschen teilt, die auch auf der Suche nach ihrem Glück sind. Irgendwo existiert meine heilige Person, leider habe ich sie jedoch noch nicht kennengelernt.»
Branka Jozak