Der Bericht zum Pilotprojekt zur Geschichte sexuellen Missbrauchs im Umfeld der römisch-katholischen Kirche liegt nun vor. Wie der Titel schon verrät, handelt es sich dabei erst um ein Pilotprojekt und dient als Basis für künftige Forschungen auf diesem Gebiet.
Das Team unter der Leitung von Monika Dommann und Marietta Meier hat sich zum ersten Mal im Jahr 2020 mit Vertretern der römisch-katholischen Kirche getroffen und am 1. Mai 2022 wurde die Arbeit zum vorliegenden Bericht aufgenommen.
Die Strukturen der römisch-katholischen Kirche
Der Bericht ist in vielerlei Hinsicht lesenswert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter beleuchten darin die Strukturen der römisch-katholischen Kirche, die Räume des Missbrauchs und der Umgang der Kirche mit den Tätern. Auch Betroffene kommen darin zu Wort, Organisationen wie SAPEC und IG-MikU leisteten einen wichtigen Beitrag. Dank ihres unermüdlichen Drucks über Jahre mussten sich die Vertreter der Kirche ihrer Verantwortung stellen.
Es dauert meist Jahre bis Jahrzehnte, bis Betroffene über einen Missbrauch berichten. Viele mussten Vorwürfe der Mitschuld erdulden und wurden von kirchlichen Mitarbeitenden und im sozialen Umfeld diffamiert. Persönliche Berichte sind darum besonders wertvoll, um darin zu verstehen, wie Schweigen gefördert wurde und an welchen Mechanismen die Betroffenen gescheitert sind.
Man kann hoffen, dass sich in Zukunft immer mehr Menschen trauen über Erlebtes zu berichten, auch wenn dies Jahrzehnte zurückliegt. Unter: Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche Schweiz können sich Betroffene melden.
Die Zahlen sind ernüchternd
Das Fazit fällt ernüchternd aus. 1002 Fälle sexuellen Missbrauchs konnten seit 1950, ausgemacht werden. Deutlich mehr, als von der Kirche bislang kommuniziert wurde. Bis in die 2000-er Jahre wurden seitens der Kirche die meisten Fälle verschwiegen, bagatellisiert, oder ignoriert. Falls Handlungsbedarf bestand, geschah dies nicht mit Blick auf die Betroffenen, sondern zum Schutz der Täterinnen und Täter.
Der Wandel kam dann erst im 21. Jahrhundert. Dies hat viele Gründe. Zum einen reagiert die Gesellschaft sensibler auf Missbrauch und das Kindeswohl hat heutzutage einen höheren Stellenwert. Auch haben die Medien und deren Berichterstattung wesentlich zu mehr Transparenz beigetragen.
Grenzen der Kooperationsbereitschaft
Obwohl die Zusammenarbeit mit den Bistümern eigentlich recht gut war, so wurde den Verfasserinnen und Verfassern die Grenzen der Kooperationsbereitschaft aufgezeigt. Beispielsweise wurde der Zugang zu spezifischen Archiven in Rom verwehrt.
Es wird sich also zeigen, wie der Umgang mit diesem Thema weitergeführt wird. Ein Grundstein wurde mit dieser Studie gelegt. Die Glaubensgemeinschaft der Schweizer Katholikinnen und Katholiken verdienen eine lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse.