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Unser humanitärer Einsatz in Bosnien

Im Rahmen einer Hilfsaktion der jungen Kirche Zürich und Youngend reisten wir Mitte Februar mit einer kleinen Gruppe auf den Hinterhof Europas: Bihac in Bosnien-Herzegowina. Das Ziel der Reise: Einen Unterschied vor Ort zu machen, Fakten zu sammeln und uns einmal mehr mit dem Thema „Grenzen“ auseinanderzusetzen. Hier folgen unsere Tagesberichte:

Sonntag & Montag

Diese Tage nutzten wir zur gemeinsamen Vorbereitung in Zürich und der Anreise nach Bosnien. In Zürich sortierten wir gespendetes Material und lernten einander kennen. Die Reise mit dem Auto führte uns mit einer 12 stündigen Fahrt via Italien nach Bosnien.

Andi & Vesna sortieren das Material im Keller in Zürich.

 

Dienstag – die Asche in Lipa

Das Camp Lipa nahe der Stadt Bihać wurde im Dezember in unseren Medien zu einem weiteren Symbol der momentanen humanitären Krise, die MigrantInnen an den EU-Aussengrenzen erfahren müssen. Wir haben dieses am Dienstag besucht. Oder zumindest dessen Überreste.

Ende Dezember 2020 wurde das Camp geschlossen, es war nicht winterfest und die Zustände nicht human. Ca. 1300 Geflüchtete waren von einem auf den anderen Tag wieder ohne Zufluchtsort. Das verlassene Camp hat bei uns allen ein grosses Fragezeichen hinterlassen.

Die Überreste stehen für einen Hoffnungsschimmer und Menschlichkeit, ein kurzes Feuer, dass nun wieder erloschen ist. Wir sind gespannt, auf welche Geschichten oder vielleicht sogar Antworten wir in den nächsten Tagen stossen werden.

Mittwoch – die Begegnung vor dem Supermarkt

Nach zwei Tagen mit langen Fahrzeiten, verzichteten wir an diesem Tag auf einen fahrbaren Untersatz und wollten Menschen vor Ort auf der Strasse begegnen.
Vor dem örtlichen Supermarkt trafen wir eine Gruppe von jungen Männern aus dem nahen Osten. Tagsüber verdienen sie sich ein paar Mark mit dem Wegräumen von Einkaufswagen. Im Geschäft sind sie nicht erwünscht und harren deshalb in der Kälte aus.
Allen Mut zusammengenommen, sprachen wir die Gruppe an, kommen mit ihnen ins Gespräch und erfahren ihre Geschichte. Gemeinsam mit anderen leben sie in einer Fabrikhalle, organisieren sich in kleinen Kommunen und wissen nicht, wo sie ihr Weg in den nächsten Wochen hinführt.
Was uns unglaublich berührte, war die Offenheit und Herzlichkeit, die wir in diesem Moment spürten. Es war, wie wenn wir mit Kollegen sprechen.

Fabrikhallen welche als provisorische Unterkünfte dienen von innen.

Donnerstag – zu Gast in der Fabrikhalle

Nach dem Frühstück haben wir uns auf den Weg zu einer leerstehenden Lagerhalle gemacht, die ein neues Zuhause für rund 200 MigrantInnen geworden ist. Eine Gruppe von ca. 10 Migranten hat uns einen Einblick in ihren momentanen Lebensraum gewährt und ist uns dort sehr gastfreundlich begegnet.
Fabrikhallen, welche als provisorische Unterkünfte dienen von innen.
Sie waren sehr neugierig auch wer wir sind und was wir machen. Unser Interesse an ihnen als Person hat sie sehr gefreut. Sie haben uns offen von sich, ihrer Vergangenheit und ihren Träumen erzählt. Dieser kurze Austausch auf Augenhöhe hat uns ein wenig in ihre Welt eintauchen lassen und uns gezeigt, wo Unterstützung wertvoll wäre.

Freitag – im Einsatz für NGO’s

Nach einem kräftigenden Frühstück sind wir zur Lagerhalle einer Organisation gefahren, um bei ihnen anzupacken. Auf dem Plan stand Essenspakete für Flüchtlinge vorzubereiten und Non Food Items (NFI) zu sortieren. Da ihre Lieferung aus der Schweiz jedoch an der kroatisch-bosnischen Grenze festgehalten wurde, kamen die notwendigen Sachspenden nicht rechtzeitig an.

Nach einer kurzen Mittagspause einigten wir uns darauf eine Spende an eine bosnische Frau zu machen. Denn auch bei ihr war das Geld für Hilfsgüter knapp, jedoch liegt es ihr sehr am Herzen, den Flüchtlingen in Bihać zu helfen und sie zu unterstützen. Kurz darauf sind wir mit ihr zum Einkaufszentrum gefahren, um wichtige Lebensmittel für die bedürftigen Menschen zu kaufen, welche sie ihnen in Essenspaketen ausliefert.

Gesammelte Ware aus der Schweiz wird übergeben.

Samstag – zu Besuch bei Fremden

Heute waren wir mit der Hilfsorganisationen IOM unterwegs und haben verschiedene Squads (provisorische Unterkünfte von Refugees) besucht. Die Hilfsorganisationen IOM verteilt jeden Tag Essen an verschiedene Squads. Der Erste Squad, bei dem wir waren wohnten 20 Leute in selbstgebauten Zelten einer hat uns erzählt das er bald wieder aufs Game (Grenzübergang nach Kroatien) gehen will und bis jetzt schon 4 mal zurückgebracht wurde.

Teetrinken in einem Squad

Bei dem zweiten Squad wohnten 10 Menschen, aber es waren nur 3 dort. Sie schlafen in einem verlassenen Haus etwas außerhalb der Stadt. Nachdem sie ihr Essen bekommen hatten haben sie uns in ihr Haus eingeladen, wo sie uns einen sehr leckeren Tee gebracht haben und etwas über sich erzählt haben. Bei den nächsten Squads sind wir nicht mehr so lang geblieben und IOM hat die Pakete sehr effizient verteilt.

Sonntag – traumhafte Wasserfälle
 
Nach den vielen bewegenden Eindrücken in den letzten Tagen war nun „me time“ angesagt, in der wir das Erlebte auf uns wirken lassen und verarbeiten konnten. Nach einem ausgiebigen Frühstück haben wir uns auf den Weg zum Nationalpark Una gemacht. Der Weg war sehr holprig und hat sich in die Länge gezogen, aber es hat sich gelohnt; der in blau und grün schimmernde Fluss mit all seinen kleinen und sehr grossen Wasserfällen bot einen atemberaubende Ausblick.

Auf dem Rückweg sind wir in ein kleines Restaurant direkt an der Una und haben den Abend ausklingen lassen. Der Tag Pause war sehr wertvoll, um Gedanken zu sortieren und Kraft und Konzentration für weitere Erfahrungen zu sammeln.

Die Wasserfälle im Una Nationalpark.

Wenn Sie mehr über vergangene oder zukünftige Projekte erfahren möchten, dann besuchen Sie die Webseite von youngend

Leah Talary

Pfarrei Erlöser Zürich